Recht auf Bildung wird erneut ignoriert: Migrationsamt lehnt Härtefallgesuch von angehender Altenpflegerin ab

Das Bild der liberalen Härtefallpraxis in Basel-Stadt bröckelt: Carmen García ist angehende Assistentin Gesundheit und Soziales. Das Basler Migrationsamt hat ihr Härtefallgesuch trotz zugesicherter Lehrstelle abgelehnt. Damit wird in Basel einmal mehr das Grundrecht auf Bildung ignoriert.

Angehende Assistentin Gesundheit und Soziales soll die Schweiz verlassen

Sie gilt als Musterschülerin, engagiert sich in der Kirchgemeinde und hat rund ein Jahr vor dem Schulabschluss schon eine zugesicherte Lehrstelle im Gesundheitsbereich: Carmen García lebt ein Leben, wie es für eine Jugendliche in Basel normal ist. Mit dem einzigen Unterschied, dass sie keine Aufenthaltsbewilligung hat. Lateinamerika verliess Carmen García kurz vor ihrem 18. Geburtstag, unterdessen wohnt sie schon mehrere Jahre mit ihrer Familie hier in Basel. Diese letzten Jahre waren für sie prägend. So hat sie nicht nur ihre professionelle Berufung gefunden, sondern auch ein soziales Netzwerk aufgebaut, in dem sie sich zu Hause fühlt. Als vor einigen Wochen bei ihr eingebrochen wurde, wurde die Polizei kontaktiert. Dies hatte für Carmen García verheerende Folgen: Denn bei den Ermittlungen wegen des Einbruchs wurde sie kontrolliert. Daraufhin war sie gezwungen, ein Härtefallgesuch einzureichen.

Trotz Fachkräftemangel im Gesundheitssektor lehnt liberales Basel das Gesuch ab

Wider Erwarten wurde dieses Härtefallgesuch vom Migrationsamt abgelehnt. Morgen kommt das Gesuch zur Prüfung in die Härtefallkommission. Der Kanton Basel-Stadt hat in den vergangenen Jahren stets öffentlich betont, dass man eine liberale Praxis bezüglich Härtefällen verfolge. Der Entscheid des Migrationsamts ist jedoch ein klarer Rückschritt. Die Co-Leiterin der Anlaufstelle, Katharina Boerlin, meint dazu: «In anderen Kantonen wäre ein solcher Härtefall umgehend gutgeheissen worden. Umso mehr überrascht es, dass dieses Gesuch im liberalen Basel abgelehnt wird.» Insbesondere in Zeiten eines grossen Fachkräftemangels im Gesundheitssektor und einer nicht absehbaren Entschärfung der Situation rund um Corona stösst diese verschärfte Härtefallpraxis auf Unverständnis.

Einsatz für das Recht auf Bildung am Tag der Regularisierung

Für die Sans-Papiers-Kollektive und die Anlaufstelle für Sans-Papiers wird damit nicht nur die vermeintlich liberale Handhabung der Härtefälle in Basel in Frage gestellt, sondern auch einmal mehr das in der Bundesverfassung verankerte Grundrecht auf Bildung ignoriert. Besonders in Basel erstaunt ein solches Vorgehen, weil der Kanton im Einsatz für das Grundrecht auf Bildung eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Dies ist nicht der erste Fall innert kürzester Zeit, in dem Basel-Stadt dieses Grundrecht als minderwertig gegenüber einem Verstoss gegen das Ausländergesetz wertet. Deshalb veröffentlichten die Sans-Papiers-Kollektive am Tag der Regularisierung eine Stellungnahme und fordern darin, dass das Recht auf Bildung für alle gelten soll, denn es sei eine Investition in die Zukunft und bringe die ganze Gesellschaft weiter. Die Stellungnahme sowie Bilder finden Sie hier.

Weitere Informationen:

Anlaufstelle für Sans-Papiers, Katharina Boerlin, katharina.boerlin@sans-papiers.ch, 079 403 78 84.