Kein Mensch ist illegal

Es ist kein Zufall, dass viele Menschen in der Schweiz als Sans-Papiers leben. Diese Situation geht direkt aus der Verbindung von Wirtschaftspolitik und Migrationspolitik hervor. Die kapitalistische Wirtschaftsweise beutet den globalen Süden zugunsten des globalen Nordens aus und vergrössert so strukturell die Armut im Süden und den Wohlstand im Norden. Die Schweiz gehört zum globalen Norden und eindeutig zu den Profiteur*innen.

Migrationspolitisch schottet sich die Schweiz aber gewaltsam von der Welt ab, sei dies mit regelmässigen Verschärfungen im Asylwesen oder der Beteiligung an der Militarisierung der europäischen Aussengrenzen. Sie verhindert so aktiv, dass Menschen in die Schweiz kommen können und kriminalisiert bewusst diejenigen, die es allen Massnahmen zum Trotz schaffen, hierher zu kommen.

Die Anlaufstelle für Sans-Papiers steht ein für eine Welt ohne Grenzen und ohne Kapitalismus. Die nationalstaatlichen Grenzen teilen Menschen in Kategorien mit unterschiedlichen Rechten und Möglichkeiten. Diese Teilung und Kategorisierung muss aufgehoben werden, indem Nationalstaaten und Kapitalismus überwunden werden. Die positive Version des „Kein Mensch ist illegal“ erfüllt sich nur, wenn Ausbeutung und Verelendung Vergangenheit sind und alle Menschen ihren Lebensort frei nach ihren Wünschen wählen können.

Sans-Papiers haben Rechte!

Mit der Anerkennung dieser Realität muss die Erkenntnis einher gehen, dass Menschen auch unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus Rechte haben. Die politische und gesellschaftliche Aufgabe besteht darin, diese Rechte zu schützen. Für einen weltoffenen Stadtkanton in der Schweiz ist es sehr gut möglich, diese Thematik ernst zu nehmen und strukturelle und pragmatische Lösungen zu finden. Es ist also höchste Zeit, dass sich Basel der Sans-Papiers-Thematik annimmt.

Zu einer pragmatischen Politik gegenüber Mitbürger*innen ohne geregelten Aufenthalt

Es gibt mehrere Punkte, die anzugehen sind. Die Regularisierung von hier lebenden Sans-Papiers ist sicherlich eine wichtige Komponente einer pragmatischen Sans-Papiers-Politik. Aber auch darüber hinaus ist eine realitätsnahe, anerkennende Haltung, die sich nicht nur im sozialen Umgang, sondern auch in der behördlichen Praxis zeigt, notwendig. Ausgehend von der jetzigen Situation muss sich in Basel die allgemeine Haltung ändern, aber es braucht auch konkrete Schritte. Nur so kann Basel seinem Selbstverständnis einer weltoffenen, sozialen Stadt gerecht werden.

Basel braucht

  • Behörden, die Sans-Papiers nicht als Verbrecherinnen, sondern als Stadtbürgerinnen behandeln, und ihnen die öffentlichen Dienste anbieten, ohne sie an die Migrationsbehörden zu verzeigen (mittels einer Frag-Nicht-Politik, die nicht nach dem Aufenthaltsstatus fragt)
  • im Besonderen eine Polizei, Strafverfolgungsbehörden und Gerichte, welche die grundlegenden Rechte der Sans-Papiers eindeutig höher gewichten als allfällige Verstösse gegen das Ausländergesetz und somit auch für Mitbürgerinnen ohne Bewilligung ansprechbar sind (auch hier mittels einer Frag-Nicht-Politik)
  • ein Migrationsamt, das Sans-Papiers nach klaren Kriterien und einfachem Verfahren regularisiert
  • die Anerkennung der Hausarbeit als gesellschaftlich wichtigem Arbeitssektor, verbunden mit der Anerkennung der Tatsache, dass ein Grossteil diese Arbeit von Menschen von ausserhalb des EU/EFTA-Raumes verrichtet wird
  • die höhere Gewichtung von Arbeitnehmerinnenrechten über das Vorliegen einer Arbeitsbewilligung, insbesondere im Hausarbeitssektor, konkret durch die Schaffung einer unabhängigen Stelle, die sowohl administrative Unterstützung bei der Abwicklung der Sozialversicherungen wie auch arbeitsrechtliche Beratungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeberinnen bietet
  • ein spezielles Verständnis für die Situation jugendlicher Sans-Papiers, das den Problematiken der familiären Verhältnisse sowie der Lehrstellensuche gerecht wird, und ihnen das Absolvieren einer beruflichen Grundausbildung ermöglicht