Solidar-Patenschaften für Sans-Papiers

Seit über zehn Jahren bauen wir mit dem Projekt Solidar-Patenschaften für Sans-Papiers Brücken zwischen Menschen mit und ohne Bewilligung. Ziel ist es, Sans-Papiers den Kontakt mit einer Person ausserhalb ihres engsten Kreises zu ermöglichen und auf solidarischer Basis ihre soziale Partizipation und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.

Als Pat*in erwartet Sie…

Als Pat*in gehen Sie eine Beziehung auf Dauer mit einer Sans-Papiers ein. Sie treffen sich regelmässig und schenken Zeit und Vertrauen. Die Beziehung gestalten sie frei. Möglich ist vieles, erwartet wird lediglich gegenseitiger Respekt und die Bereitschaft, sich auf das Gegenüber einzulassen. Mit der Zeit wächst etwas ganz besonderes heran.

Alleine sind Sie bei diesem Abenteuer nicht. In Begleitung der Anlaufstelle für Sans-Papiers unterstützten sich die Paare gegenseitig und tauschen sich regelmässig aus. Die Anlaufstelle bietet bei Fragen oder Schwierigkeiten direkte Hilfe an.

Wir suchen neue Pat*innen!

Wenn Sie eine Solidar-Patenschaft interessiert, zögern Sie nicht uns per Email oder telefonisch zu kontaktieren. Wir geben Ihnen gerne weitere Informationen. Rechts finden sie auch den aktuellen Flyer zum Herunterladen.

Gedanken einer Patin

Als Patin solidarisiere ich mich mit Menschen, die hier leben und arbeiten, jedoch ohne die Möglichkeit, dies legal zu tun. Sie leben und arbeiten oft in prekären Verhältnissen, in ständiger Angst aufzufliegen und aus ihrem Umfeld herausgerissen zu werden.

Patin zu sein ist für mich auch ein öffentliches Statement. Ich verbinde damit das Ziel, dass unsere Gesetze so geändert werden, dass diese Menschen ihren Aufenthalt legalisieren und ein würdigeres Leben führen, sowie am Leben der hiesigen Gesellschaft ohne Angst teilnehmen können. Deshalb unterstütze ich meine «Partnerin ohne Bewilligung» auch bei punktuellen kampagnenbezogenen Aktionen wie z.B. dem Einreichen eines Härtefallgesuches sowie nach meinen Möglichkeiten auch in persönlichen Krisensituationen.

Eine bereichernde Beziehung

Seit 2007 engagiere ich mich als Patin. Ich habe mich damals schriftlich beworben, meine Motivation erläutert und mich vorgestellt. Daraufhin ist mir, wie ich es erhofft hatte, eine spanisch-sprachige Frau aus Südamerika zugeteilt worden. Ich erlebte diese Beziehung als sehr bereichernd und konnte so nebenbei meine Spanischkenntnisse verbessern und auch einiges über ein mir bis dahin unbekanntes Land erfahren.

Gemeinsame Aktivitäten

Meine «Partnerin ohne Bewilligung» hat gelegentliche Kinobesuche sehr geschätzt. Am meisten Spass hat ihr jedoch das gemeinsam „Guetzle“ vor Weihnachten gemacht. Sie war sehr daran interessiert, von mir Rezepte für Kuchen zu bekommen. Anlässlich einer Einladung zu einem kleinen Fest hat sie mich dann mit einem selbst gebackenen Kuchen überrascht, der vortrefflich schmeckte. Gerne erinnere ich mich auch an einen gemeinsamen Ausflug in die Berge, die Begeisterung und die strahlenden Augen ihres kleinen Sohnes. Es gab jedoch auch schwierige Momente: so galt es z.B. das Ungleichgewicht in der Beziehung auszuhalten und zu reflektieren; ein Ungleichgewicht, das allein durch die Tatsache besteht, dass ich mich in der Stadt frei bewegen kann und alle Rechte habe.

Was es zu beachten gilt

Die beiden Partnerinnen sollten sich Zeit nehmen, um sich persönlich kennenzulernen und die gegenseitigen Erwartungen zu klären. Die Patin muss abschätzen können, wozu sie bereit ist und was sie nicht übernehmen möchte. Dies ist individuell verschieden; manche Patinnen möchten etwa bei Problemen am Arbeitsplatz behilflich sein, manche nicht. Die Kontakthäufigkeit und die Art der Kontaktaufnahme müssen miteinander geklärt werden. Als Patin sollte ich mich für mindestens ein bis zwei Jahre engagieren können. Beide Partnerinnen haben aber natürlich jederzeit das Recht von der Partnerschaft zurückzutreten, falls es wichtige Gründe gibt.

Für Sans-Papiers ist es eine wichtige Möglichkeit, mit einem Menschenausserhalb des engsten Umfelds in Beziehung zu treten, sich nicht verstecken zu müssen und vertrauen zu können. Auch die Patin selbst kann viel aus dieser Beziehung gewinnen.

Begleitung und Austausch

Die Anlaufstelle sucht laufend neue Freiwillige für Patenschaften. Zur einfacheren Lesbarkeit und weil derzeit vornehmlich Frauen als Patinnen aktiv sind habe ich in diesem Text die weiblicheForm gewählt – natürlich sind Paten ebenso willkommen.

Die Anlaufstelle wie auch zwei erfahrene Patinnen werden die neuen Patenschaften in der ersten Zeit im Rahmen regelmässiger Treffen begleiten. Es hat sich gezeigt, dass der Austausch wichtig ist, um Schwierigkeiten, die notgedrungen auftreten können, rechtzeitig zu besprechen und das eigene Engagement zu reflektieren. Es macht Sinn, die Patenschaftsbindung nach einiger Zeit auch mal zu hinterfragen: Wo stehen wir gemeinsam und wie entwickeln wir uns? Die Anlaufstelle bietet bei Schwierigkeiten direkte Hilfe an.

Sabine Keller
seit mehreren Jahren Patin einer Sans-Papiers und Unterstützerin der Anlaufstelle